Bereits in einem früheren Blogeintrag stellte ich
einige Grundlagen
für den Umgang mit Verlusten (insbesondere Primär- und Sekundärverluste) vor.
Wir sind immer wieder größeren und kleineren Verlusten in unserem Leben ausgesetzt; dabei geht es nicht nur um den Verlust von Menschen oder Gesundheit. In diesem und einigen folgenden Blogeinträgen möchte ich Ihnen zeigen, wie Trauerarbeit so aussehen kann, dass auch nach einem Verlust noch ein lebenswertes Leben besteht. Ich stelle Ihnen dabei vier verschiedene Phasen vor:
Phase 1: Die anfängliche Auswirkung des Verlustes
In dieser Phase schafft sich die oder der Betroffene Distanz. Kennzeichnend für diese Phase sind:
• Schock - der Schutz, dass mich Gefühle nicht treffen können
Ich möchte die Erfahrung eines Fahrradunfalls nutzen, der mir vor einiger Zeit widerfahren ist und bei dem ich mir einen Finger brach. Nach dem Unfall befand ich mich in einem emotionalen und mentalen Schock. Ich war wie gelähmt und konnte nicht klar denken. Dieser Schockzustand ist vergleichbar mit den Stoßdämpfern eines Autos, die den anfänglichen Stoß auffangen und die Insassen von den Unebenheiten der Straße schützen. Im Schockzustand können mich die Gefühle nicht erreichen.
• Benommenheit - ein weiterer Schutzmechanismus
Auch Benommenheit / Betäubtheit oder ein Gefühl des Benebeltseins sind Abwehrmechanismen unseres Körpers, um uns vor den Auswirkungen eines heftigen Verlustes anfänglich abzufedern. – Möglicherweise werden Sofortmaßnahmen, wie im Beispiel des Fahrradunfalls, die Polizei zu rufen, oder auch spätere Alltagstätigkeiten nicht durchgeführt. Möglicherweise leeren wir den Briefkasten nicht, vergessen für das Wochenende einzukaufen, oder erkennen bestimmte Menschen nicht mehr. – Unser Denkvermögen ist möglicherweise in dieser Situation eingeschränkt und wir können nicht mehr „kreativ“ auf diese und andere Schwierigkeiten reagieren.
• Leugnung des Verlustes - Die Realität fernhalten
In unseren Gedanken und Worten finden sich Sätze wie diese: „Das ist nicht wahr! Das kann doch nicht wahr sein!“ „Das kann doch nicht geschehen sein!“ „Das geht gar nicht!“ Die Realität ist zu heftig, als dass sie in dieser anfänglichen Phase aufgenommen werden könnte.
• Gefühlsausbrüche
Die betroffene Person weint, wird möglicherweise hysterisch, verfällt in Lamentieren und/oder stößt verzweifelte Hilfeschreie aus.
Möglicherweise treten je nach Schweregrad des Verlustes und nach Persönlichkeitstyp nicht alle, sondern nur ein Teil dieser Reaktionen auf.
Bitte erlauben Sie sich und anderen in einem Trauerprozess diese Phase. Sie ist ganz normal und verhilft uns, in eine weitere Phase einzutreten. In einem späteren Blogeintrag nehme ich Sie in diese zweite Phase hinein.
Es gibt verschiedene Begrifflichkeiten und Darstellungen von Trauer und deren Bewältigung. Ich beziehe mich auf die Grundlagen, die von Charlotte Greeson, Mary Hollingsworth und Michael Washburn erarbeitet wurden: The Grief Adjustment Guide; Sisters, Oregon: Questar Publishers, Inc., 1990.